Der Anfang eines Wandels

Bamberg und der Gesetzesentwurf zum Verbot von Holzheizungen im Neubau

18.05.2023
Fiktiv: ein Klimaaktivist mit einem Plakat, das gegen Holzheizungen protestiert.
Foto: Midjourney
von Arno S. Schimmelpfennig

Bamberg. Die Stadt Bamberg, bekannt für ihre historischen Bauten und ihre einzigartige Architektur, steht vor einer bedeutenden Veränderung. Der bereits viel diskutierte Gesetzesentwurf, der ein Verbot von Holzheizungen im Neubau vorsieht, könnte die Art und Weise, wie Bamberger Bürger heizen, grundlegend verändern.

Dr. Ursula Sowa, eine Abgeordnete der Grünen im Bayerischen Landtag, betonte in einem Interview die Notwendigkeit einer Wärmewende und stellte klar, dass die Grünen die Neuausrichtung der Wärmepolitik auf Bundesebene begrüßen. Sie betonte, dass die Bundesregierung mit dem Gebäudeenergiegesetz einen großen Schritt nach vorne gemacht hat und sie die Bürgerinnen und Bürger bei der Finanzierung unterstützt.

Erich Spranger, Vorsitzender der Kreisgruppe Bamberg des Bund Naturschutz (BN), betont die Wichtigkeit einer differenzierten Betrachtung bei der Wärmewende. Er verweist darauf, dass der Ausstoß von CO2 so schnell wie möglich reduziert werden muss und dass Energieeinsparung und Effizienzsteigerung dabei von zentraler Bedeutung sind. Laut Spranger sollte die erneuerbare Wärmeerzeugung – durch Wind, Photovoltaik und Wärmepumpen oder Direktheizung – zur Norm werden.

Technologieoffenheit und Herausforderungen:
Die Implementierung erneuerbarer Heizsysteme in Bamberg

Die technologieoffene Gestaltung des Gesetzes bietet jedoch eine Vielzahl von Möglichkeiten für Hauseigentümer. Sie können eine individuelle Lösung implementieren und den Anteil erneuerbarer Energien (mindestens 65%) nachweisen, oder sie können zwischen verschiedenen gesetzlich vorgesehenen pauschalen Erfüllungsoptionen frei wählen. Diese reichen von der Anbindung an ein Wärmenetz über die Nutzung einer elektrischen Wärmepumpe bis hin zur Installation einer Heizung auf der Basis von Solarthermie. Auch die Nutzung von “H2-Ready”-Gasheizungen, die auf 100 % Wasserstoff umrüstbar sind, ist eine Option, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Diese flexible Herangehensweise ermöglicht es Bamberger Hauseigentümern, eine Heizlösung zu wählen, die ihren spezifischen Bedürfnissen und Möglichkeiten am besten entspricht.

Aber die Herausforderungen für historische Gebäude in Bamberg dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Eine besondere Herausforderung für Bamberg bei der Umsetzung dieses Gesetzes könnte der hohe Anteil historischer Gebäude in der Stadt sein. Diese Gebäude haben oft spezifische Anforderungen und Einschränkungen, wenn es um Heizsysteme und Energieeffizienz geht. Es könnte schwieriger und teurer sein, in diesen Gebäuden erneuerbare Heizsysteme zu installieren. Das Gesetz berücksichtigt jedoch solche Fälle mit Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen, einschließlich einer Härtefallregelung, die Ausnahmen von der Pflicht ermöglicht, wenn die notwendigen Investitionen unverhältnismäßig hoch sind.

So steht Bamberg vor einer Herausforderung, aber auch vor einer Chance. Der Gesetzesentwurf markiert den Anfang eines Wandels – einen Wandel zu erneuerbaren Energien und nachhaltigerem Heizen.

Erneuerbare Energien in Bayern:
über die Notwendigkeit einer umfassenden Strategie

Dr. Ursula Sowa, Mitglied des Bayerischen Landtags, äußerte sich kürzlich zu den Fortschritten im Bereich der erneuerbaren Energien in Bayern. Sie betonte, dass die Landesregierung nicht untätig sein darf und nannte drei Bereiche, die sofortige Aufmerksamkeit erfordern: Die Schaffung von Energieagenturen in allen Landkreisen, den Einsatz von Energiesparberatungen und finanzielle Unterstützung für Menschen, die es am nötigsten haben.

In Bezug auf die Zukunft äußerte sich Dr. Sowa optimistisch über das Potenzial der erneuerbaren Energien in Bayern. Sie betonte die Notwendigkeit, den Waldumbau zu beschleunigen und private Waldbesitzer zu unterstützen. Darüber hinaus sieht sie die ländlichen Gebiete als Fundament der Energiewende und betonte das wirtschaftliche Potenzial der Energiewende für diese Gebiete. Sowa machte deutlich, dass die Grünen in Bayern den Umstieg auf erneuerbare Energien im Gebäudebereich aktiv unterstützen. Neben der Bundesförderung planen sie zusätzliche Maßnahmen auf Landesebene, wie beispielsweise die energetische Sanierung aller Sozialwohnungen in Bayern mit einem jährlichen Budget von 800 Millionen Euro. Sie betonte auch die Wichtigkeit unabhängiger Energieagenturen und Energiesparberatungen, um die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und zu unterstützen.

Stimmen aus der Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft

Der Gesetzesentwurf zum Verbot von Holzheizungen im Neubau hat in der politischen Landschaft Bayerns gemischte Reaktionen hervorgerufen. Eine Stimme, die sich deutlich von der Masse abhebt, ist die von Holger Dremel, Mitglied des Kreistages zu Bamberg und ebenfalls Mitglied des Bayerischen Landtags.

“Herr Dremel, was ist Ihre Meinung zu dem neuen Gesetzesentwurf bezüglich des Verbots von Holzheizungen im Neubau?”, fragten wir in einem Interview. Herr Dremel zeigte sich scharf kritisch und bezeichnete die Politik als “massiven Eingriff in die Privatsphäre jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers”, den er als “Öko-Sozialismus” bezeichnete.

Besonders besorgt zeigte sich Dremel über die möglichen Auswirkungen auf die Forstwirtschaft. Seine Sorge ist, dass “der Absatz von Brennholz massiv einbricht”, was negative Auswirkungen auf die Forstwirtschaft haben könnte. Seine Kritik ging noch weiter und er fragte, was dann mit dem überschüssigen Holz geschehen solle. Studien zeigen, dass dies auch Auswirkungen auf private Waldbesitzer haben könnte, da sie möglicherweise Schwierigkeiten haben, ihr Holz zu verkaufen.

Zudem äußerte er sich skeptisch hinsichtlich der Verfügbarkeit von Alternativen zu Holzheizungen und warnte vor steigenden Preisen. Seiner Meinung nach wird die “Verbotspolitik auch den Preis von neuen Heizungen oder Wärmepumpen hochtreiben”. Dies könnte laut Marktstudien einen deutlichen Einfluss auf den Immobilienmarkt haben, da die Kosten für die Heizungsinstallation einen wesentlichen Faktor für die Gesamtkosten des Hausbaus darstellen. Dremel warnte davor, dass “die Flut an Vorschriften zwangsläufig dazu führt, dass das Bauen immer teurer wird”. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bestätigt diese Bedenken und zeigt, dass zusätzliche Bauvorschriften die Immobilienpreise in die Höhe treiben könnten.

Seine abschließende Meinung zum Gesetzesentwurf war unmissverständlich: “Es ist von A bis Z Murks und muss daher gestoppt werden!” Damit spricht er eine klare Ablehnung des Gesetzes aus und fordert dessen Stopp.

Zwischen Gesetzesentwurf und Praxis:
Kontroverse Perspektiven auf erneuerbare Energien und Waldbewirtschaftung

Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Befürworter einer schnelleren Umstellung auf erneuerbare Energien. Sie argumentieren, dass erneuerbare Energien nicht nur umweltfreundlich, sondern auch effizient und kostensparend sind. Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Deutschland, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels voraussichtlich ab dem 1. Januar 2024 in Kraft tritt, ist ein Beispiel für den politischen Willen zur Förderung erneuerbarer Energien.

In Bezug auf den Waldumbau und die Förderung von erneuerbaren Energien im ländlichen Raum, äußerte Sowa, dass die ländlichen Gebiete das Fundament der Energiewende sind und dass es eine zielgerichtete geförderte Unterstützung benötigt. Sie betonte, dass das Potential der erneuerbaren Energien, insbesondere der Biomasse, in ländlichen Gebieten noch lange nicht ausgeschöpft ist und dass der Waldumbau eine Chance bietet, nachhaltige und klimastabile Wälder zu schaffen, die auch als Rohstoffquelle für die Energiewende dienen können.

Es ist klar, dass der Gesetzesentwurf zur Debatte steht und dass die Meinungen stark auseinandergehen. Der Dialog ist jedoch erst am Anfang und es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion weiterentwickelt.

Ebenso wie Dremel, gibt es andere wichtige Stimmen in dieser Debatte. Einer von ihnen ist Johannes Hölzel, der Leiter des Forstamts der Stadt Bamberg. In einem Interview mit uns äußerte er seine Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des Gesetzesentwurfs auf die Forstwirtschaft und insbesondere auf private Waldbesitzer.

“Mit dem Verbot des Verkaufs von Brennholz, entstehen massive Einbußen für private Waldbesitzer”, sagte er. “In unserer Region liegen etwa 2 bis 2,5 Hektar Waldfläche in der Hand privater Besitzer, die nicht am Marktgeschehen teilnehmen, sondern das Holz im direkten Umkreis als Brennholz nutzen. Mit dem Verbot entfällt diese Möglichkeit.”

Hölzel stellte auch das Umweltargument in Frage, das oft zur Begründung des Verbots angeführt wird. “Es gibt genug Untersuchungen, die widerlegen, dass das Verbrennen von Holz schädlich ist”, betonte er. “Bei der Verbrennung wird nur das CO2 freigesetzt, das der Baum während seines Wachstums gebunden hat. Zudem gibt es Studien, die zeigen, dass Holz kein Klimaschädling ist.”

Spranger spricht eine besondere Herausforderung an: Die Nutzung von Holz darf die CO2-Senkenfunktion der Wälder nicht gefährden, sondern muss diese sogar stärken. Er sieht die Bedeutung von Holz als nachwachsendem Rohstoff im ländlichen Raum und plädiert für eine sinnvolle Kaskadennutzung von Holz. Er betont, dass es keinen Ausbau, sondern eine Reduktion der Holzverbrennung geben muss.

Der Forstamtsleiter äußerte auch seine Verwirrung über die Motivation hinter dem Gesetzesentwurf. “Es ist nicht nachvollziehbar”, sagte er. “Es gibt eine starke Opposition gegen das Gesetz, insbesondere vom Bayerischen Waldbesitzerverband. Aber es gibt auch kein konkretes Feedback oder konkrete Vorschläge zur Umsetzung. Deshalb ist die Entrüstung so groß.”

Es ist klar, dass die Auswirkungen dieses Gesetzes weitreichend sein werden und verschiedene Sektoren betreffen werden, von der Forstwirtschaft bis zum Immobilienmarkt. Wie Hölzel betont, könnte das Verbot erhebliche volkswirtschaftliche Schäden verursachen, insbesondere für Waldbesitzer und Holzverkäufer.

Alternativen zur Holzheizung und Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft

Im Hinblick auf Alternativen zu Holzheizungen im Neubau, nannte Sowa eine Vielzahl von Optionen, einschließlich Wärmepumpen, Anschluss an ein Wärmenetz, Stromdirektheizungen, Solarthermieanlagen und hybride Heizungen. Sie betonte, dass es durch den technischen Fortschritt und den Markthochlauf immer mehr rentable Alternativen gibt.

Während die Diskussionen weitergehen, wird es interessant sein zu beobachten, wie sich der Dialog entwickelt und wie sich diese neuen Entwicklungen auf den Energiesektor und die Gesellschaft insgesamt auswirken werden.

Beispielsweise zeigen Untersuchungen, dass die globale Erwärmung bereits zu ernsthaften Umweltveränderungen geführt hat, von denen viele Wirtschaftszweige betroffen sind. In der Schweizer Forstwirtschaft beispielsweise zeigt eine Studie, dass bei wärmeren und trockeneren Bedingungen ein Wertverlust von bis zu 25% zu erwarten ist. Auf der anderen Seite könnten wärmere und feuchtere Bedingungen die Erträge in der Forstwirtschaft um etwa 8% steigen lassen.

Darüber hinaus bieten erneuerbare Energien wirtschaftliche Vorteile, da sie dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und die Energiekosten zu senken. Sie können auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen und Innovationen in der Technologie fördern.

In Bezug auf bestehende Systeme sieht Spranger die Nutzung von Abfall und Reststoffen am Ende einer Kaskadennutzung als mögliche Lösung, vorausgesetzt, die Verbrennung ist effizient und wird optimal genutzt. Er spricht sich für eine geographische Begrenzung aus: maximal 10% des Wald-Holzaufkommens innerhalb eines Einzugsbereichs von ca. 40 km sollten genutzt werden. Spranger fordert zudem eine verpflichtende Zertifizierung und regionale Holzbilanzen.

Abschließende Gedanken

Die gesellschaftliche Debatte ist erst am Anfang und es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion weiterentwickelt. Eines ist jedoch sicher: Der Dialog über die Zukunft unserer Energieversorgung wird in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung sein.

Abschließend betonte Sowa, dass die Wärmewende ein komplexes und facettenreiches Thema ist, das eine Reihe von Herausforderungen, aber auch Chancen mit sich bringt. Sie äußerte die Überzeugung, dass die Energiewende im Gebäudebereich nicht nur technische, sondern auch soziale Innovationen erfordert. Sie erklärte, dass die Grünen sich dafür einsetzen, dass niemand durch die Energiewende finanziell belastet wird und dass sie sich für eine gerechte Verteilung der Kosten einsetzen.

Spranger betont, dass die Wärmewende ein schwieriges Thema ist, das ein koordiniertes Vorgehen erfordert. Er spricht von der Notwendigkeit, innerhalb des BN zu informieren und den Dialog mit verschiedenen Akteuren zu suchen. Er sieht den BN in der Verantwortung, Position zu beziehen und die Öffentlichkeit zu informieren.

Nach den Gesprächen mit den Experten ist deutlich geworden, dass die Energiewende im Gebäudebereich eine zentrale Herausforderung, aber auch eine Chance für Deutschland ist. Während es unterschiedliche Meinungen darüber gibt, wie diese Herausforderung am besten angegangen werden kann, gibt es eine breite Übereinstimmung darüber, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien notwendig und machbar ist. Viele Meinungen stimmen in großen Teilen überein und unterstreichen die Dringlichkeit und den Handlungsbedarf in diesem Bereich.

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