In jeder Krise steckt auch ein wenig Hoffnung

2. Energieforum der 'Bamberger Runde' zeigt deutlich Chancen in schwierigen Zeiten auf

15.12.2022
Mit 70 Teilnehmern stieß das zweite Energieforum der ‘Bamberger Runde’ auf großes Interesse.
Foto: CR-Fotografie – Claus Riegl
von Arno S. Schimmelpfennig

Bamberg. Zusehends präsenter zeigt sich das Thema „Energiewirtschaft“ in unserer Zeit. Zwar beschäftigen wir uns seit gefühlt einem halben Jahr intensiv mit der Energiekrise und Möglichkeiten, Energie zu sparen. Jetzt aber kommen wir in den nahenden kalten Wintermonaten zum Muss der Umsetzung. Da zeigt sich das Energieforum des Wirschaftsclub Bamberg auf der Höhe der Zeit.

Krisen kennen. Orientierung bieten.

Bereits zum zweiten Mal lud der Wirtschaftsclub Bamberg in der letzten Woche zum großen Energieforum ein. Mit dieser Einladung möchte man den wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit begegnen sowie Unternehmer besser auf die nächsten Monate vorbereiten. Ca. 70 Firmeninhaber der Region kamen in den Räumen der Dr. Pfleger Arzneimittel GmbH zusammen. Wobei bereits hierbei eine Art „neuer Esprit“ der Wirtschaftsszene deutlich wurde, kam es doch bereits zum zweiten Mal zur großen Kooperation unterschiedlicher Wirtschaftsverbände und -vereine wie der IHK Oberfranken Bayreuth sowie dem BDS Bayern e.V.. Besonders lobte das Auditorium in der die Situation, mit Stadtwerken, Stromlieferanten und Politikern auf Augenhöhe diskutiert haben zu können.

Wir müssen jetzt schnell sein

Man war sich auf dem Podium einig: Ziel der Energiepolitik in den kommenden Jahren müsse der Umstieg auf 100 % erneuerbare Energien sein. Man dürfe sich nicht mit langen Diskussionen aufhalten, ob dies realistisch sei, sondern müsse schnell handeln und sukzessive ausbauen.

Es liegt an den Bürgern

Prof. Dr. Thomas Hamacher vom Lehrstuhl für Erneuerbare und Nachhaltige Energiesysteme an der Technischen Universität München wägte den Weg in die Zukunft genauer ab. Er sah eine Lösung darin, die Formen der Bereitstellung von Energie von Grund auf zu erneuern. Dies sei jedoch ein langsamer Prozess. Alternativen würden zum einen der Ausbau von Techniken zur Effizienzsteigerung von Raumwärme seinsprich eine Art Rückgewinnung von Energiezum anderen der Ausbau erneuerbarer Energien wie der Windkraft. Eine Bremse sah der Münchner weniger in der Politik, als viel mehr in der Akzeptanz der Bevölkerung. Er appellierte daher an die Bürgermeister, für mehr Aufklärung vor Ort zu sorgen. Der Ausbau der Digitalisierung sei auch in diesem Punkt wichtig, können Bürger darüber deutlich schneller aufgeklärt und für wichtige Anliegen sensibilisiert werden.

Auch der bayerische Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber, appellierte an Bürger allgemein. „Bitte werben Sie für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Begeistern Sie junge Menschen, einen Beruf zu ergreifen, der sich mit Energie beschäftigt.“

„Da braut sich was zusammen“

Fakt ist, dass sich der Stromverbrauch pro Haushalt circa um das Doppelte bis Dreifache steigern werde. Zugleich hat der Ausstieg aus der Atomkraft dazu geführt, dass wir ein zeitliches Limit haben. „Die Brennstäbe halten in diesem Jahr noch. Aber was ist ab 2023/24?“, fragte Dr. Thomas Banning (Geschäftsführer NaturEnergy GmbH & Co. KGaA). „Wir brauchen Alternativen. Wo bekommen wir die her?“ Aktuell sei man noch wettbewerbsfähig in Europa. Doch China und auch die USA wären immer stärker als Konkurrenz zu begreifen, da hier Energiekosten in letzter Zeit so gut wie nicht gestiegen seien. „Da braut sich was zusammen“, so Banning.

Die Entwicklung der Energiekosten ist ungewiss

Eine genaue Prognose sei schwierig, so Dr. Michael Fiedeldey, Geschäftsführer der Stadtwerke Bamberg. Ebenso könne man derzeit die Kostenentwicklung nur erahnen. Vom 1.1. bis 30.4.2023 greife zumindest noch die Strom- sowie Gaspreisbremse. Für Haushalte und kleine Verbraucher unter 30.000 kW/a gäbe es bekanntlich einen Deckel von 80% des „Basisbedarfs“ gemessen am letztjährigen Stromverbrauch. Für Unternehmen darüber wären es 70%. Finanziert werde die Bremse über die Erlösabschöpfung aus Erneuerbaren Energien, Kernenergie, Braunkohle und Mineralöl. Erdgas, Biomethan oder weitere Gasen spielen derzeit neben anderen Energieträgern keine Rolle. Das Problem aber, so Fiedeldey, sei das derzeit noch nicht beschlossene Strompreis- neben dem Gas- und Wärmepreisbremsgesetz. Die Entwürfe dazu stünden unter einem beihilferechtlichen Genehmigungsvorbehalt der EU.

Derzeit gehen die Stadtwerke Bamberg (Stand: 14.12.2022) von Nettopreisen von 12Cent für Gas und 9,5 Cent für Wärme aus.

Billig-Gas aus Russlandoder doch eine Alternative?

Nicht unerwähnt blieb die Ukraine-Krise. Der Endenergiebedarf an Erdgas in der BRD betrug im Jahr 2021 ca. 1.000 TWh. Dabei kamen 55% der Menge aus Russland. Der Stadtwerke-Chef erwähnte, Mengen durch LNG-Gase zu substituieren. Doch schon vor der Krise wären diese dreimal so teuer gewesen wie leitungsgebundenes Erdgas. Man spräche konkret von einem Mischpreis für Energie von 5,04 Cent/kWh mit einer Umlage von 3,64 Cent/kWh. Darauf kämen Netzentgelte in Höhe von 1,80 Cent/kWh sowie weitere Steuer- und Konzessionsabgaben.

PPA als Chance für Großunternehmen

Nach vorausgegangenem, leicht schwarzmalerischem Impuls zeigte Dr. Thomas Banning konkrete Wege in die Zukunft auf und gab Anregungen für jedes Unternehmen, dem Energiewandel heute schon zu begegnen. Energiekrise könne für Unternehmen auch eine Chance sein. Zunächst müssten diese für sich drei Faktoren in den Griff bekommen. Hierzu zählen die Sicherstellung der Versorgung, die Reduktion des CO2-Fußabdrucks sowie der wirtschaftliche Umgang mit galoppierenden Energiepreisen. Diesen Herausforderungen könne jedes Unternehmen leicht begegnen, wenn man sich dabei auf drei goldene Regeln besänne: zum einen müsse der Energieeinsatz reduziertwenn nicht sogar vermiedenwerden. Dann gelte es die Energieeffizienz zu verbessern und zum dritten Erneuerbare Energien einzusetzen. Gerade durch die Nutzung letzteres könne man im Gegensatz zur Nutzung von Vollversorgern einsparen. Konkret sprach Banning von PPAs. Ein PPA zum Beispiel biete die Möglichkeit, selbst Strom zu generieren und im Austausch mit einem Werk in der Nähe für Stabilität und die Versorgung der umliegenden Region zu sorgen. Sogenannte PPA sind ‚Power Purchase Agreements‘, also ein spezieller Stromliefervertrag, bei dem ein Vertragspartner in der Regel ein Kraftwerksbetreiber bzw. Independent Power Producer, der andere ein größerer Abnehmer ist. Während der Erzeuger solcher Energieform Planungssicherheit für die Finanzierung erhalten wolle, so wünschten sich  mittelständige bis größere Unternehmen einen sicheren Einkaufspreis. PPAs könnten beides gewährleisten. Die Konditionen könne man gegenseitig zudem aufstellen und damit Einfluss auf die Energiekosten nehmen.

Auch Glauber stimmte dem zu. Franken sei arm. Viele Landesflächen ließen sich nicht mehr rentabel bearbeiten. Daher läge es nahe, hier Fläche und Anlage zu kombinieren. Konkret hieße das, auf größeren Gebäuden etwa Photovoltaik-Anlagen zu installieren und den Strom für den Eigenbedarf zu nehmen und den Reststrom gegen Entgelt ins Netz zu speisen.

Tempo, kleine Schnecke

Als Leiter Energiesystemplanung der TenneT Tso GmbH Bayreuth ist Dr. Peter Hoffmann zuständig für die Energieversorgung über 24.500 km Hochspannungsleitungen und -kabel vorwiegend in den Niederlanden und Deutschland. 42 Millionen Haushalte und Unternehmen werden hier mit Strom beliefert. Daher hat Dr. Hoffmann einen guten Einblick in die derzeitige Situation. Er sprach sich an diesem Abend klar dagegen aus, dass eine Energieknappheit allein durch den Ukraine-Konflikt verschuldet sei. Richtig schwierig werde es in Deutschland erst in kritischen Wintersituationen. Wobei von einer Lastunterdrückung ohnehin erst dann zu sprechen sei, wenn die Energiemenge von 39,6 GWh unterschritten würde. Im Gegenteil zur geläufigen Meinung sprach er sich sogar für die Bundespolitik aus, die nicht langsam sei, sondern bereits in ansehnlichem Tempo Maßnahmen ergreife, um zu einer besseren Auslastung der Energieressourcen zu kommen.

Wir brauchen Pioniere

Dr. Fiedeldey kritisierte zum Ende der Veranstaltung den deutschen Unternehmensgeist. Während es nach dem Zweiten Weltkrieg relativ viele Unternehmen gegeben hätte, die mit Innovation und Motivation Geschichte geschrieben hätten, würden diese in der heutigen Zeit selten sein. „Wir müssen etwas tun“, meinte er. Dem folgte auch Prof. Dr. Hamacher indem er meinte: „Demonstrieren ist das eine. Unternehmen gründen das andere. Wir müssen jetzt anpacken.“ Eine Idee zeichnete sich in der abschließenden Fragerunde ab, als ein Gast in den Raum stellte, im Energiesektor mit der Pharmaindustrie zusammenzuarbeiten. Denn diese hätte in den letzten drei Jahren gezeigt, wie man Entschlüsse schnell durchdrücken und Lösungen voranbringen könne.

Fotos: 
CR-Fotografie - Claus Riegl
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