Kommentar

Journalismus quo vadis?

Falsche Berichterstattung sorgt für Kritik an Sensationsgier und mangelhafter Recherche

10.03.2023
Foto: privat
von Arno S. Schimmelpfennig

Bamberg.  Was war denn das? Da schreibt eine renommierte Heimatzeitung über nahezu unerträgliche Zustände am Stadttheater Bamberg und keinen Tag später widerrufen zahlreiche Mitglieder des dortigen Ensembles die im Artikel zitierten Aussagen. Diese würden auf die Meinung eines Einzelnen zurückgehen, heißt es dort. Von “haltlosen Vorwürfen” und “despektierlichsten Anschuldigungen” ist hier die Rede. Das bringt mich zur Frage: Wurde hier nicht korrekt recherchiert, eventuell nicht genügend nachgefragt? Oder ging es schlichtweg um Reichweite und die “reisserische Nachricht”? Dies beobachte ich immer häufen in Zeitungen. Spürbar lastet der Druck rückgehender Verkaufszahlen auf den Blättern. Hinter dem Vorfall in Bamberg verbirgt sich für mich daher eine weitere, eine tiefer gehende Frage: Journalismus quo vadis?

In Zeiten von Fake News und sich immer weiter verbreitenden Verschwörungstheorien stellt sich die Frage, was Journalismus eigentlich darf und welche Verantwortung er hat. Der Beruf des Journalisten ist von einer besonderen Bedeutung für eine demokratische Gesellschaft geprägt. Er ist dafür verantwortlich, die Bürgerinnen und Bürger mit Informationen zu versorgen und ihnen eine Orientierungshilfe im öffentlichen Diskurs zu bieten. Doch was passiert, wenn der Journalismus seine Rolle nicht mehr erfüllt und sich stattdessen nur noch auf Reichweite konzentriert? So meinte der ehemalige Pressesekretär des Weissen Hauses Bill Moyers bereits: “Journalismus ist in erster Linie der Schutz der Gesellschaft vor der Macht der Regierung. Wir brauchen kritischen Journalismus, der uns die Wahrheit sagt, nicht die Propaganda.”

Ein Beispiel hierfür zeigt sich in der aktuellen Berichterstattung der oben zitierten Heimatzeitung aus Bamberg. Ein einzelnes Mitglied des ETA Hoffmann Theaters äußerte angeblich seine Meinung zur Intendantin. Die Zeitung griff dies auf und veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „Soll Broll-Pape bleiben?”. Das Ensemble des Theaters distanzierte sich sogleich von dieser Berichterstattung und bezeichnete sie als falsch und unzureichend recherchiert.

Mangelnde Recherche und Sensationsgier?

Gibt es da draußen noch andere Menschen, die ebenfalls meinen, dass dieses Beispiel einen Lokaljournalismus zeigt, der sich immer weiter von seinen eigentlichen Aufgaben entfernt? Anstatt über wichtige lokale Ereignisse zu berichten und den Bürgerinnen und Bürgern eine Orientierungshilfe zu bieten, scheint es da hauptsächlich um Reichweite und Sensationsgier zu gehen. Die Folge ist eine mangelhafte Recherche und falsche Informationen, die den Ruf von Institutionen und Personen beschädigen können. Was sehr schade ist. Immerhin blicken manche Medienhäuser unserer Region auf über 150 Jahre Geschichte zurück.

Doch was darf Journalismus? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, da der Journalismus viele Facetten hat. Grundsätzlich hat er die Verantwortung, die Wahrheit zu suchen und objektiv zu berichten. Zitieren wir den Fernsehjournalisten und Nachrichtensprecher beim Fernsehsender CBS Walter Cronkite, der sagte: “Die Verantwortung eines Journalisten ist es, die Wahrheit zu sagen. Nicht einseitig und nicht parteiisch, sondern einfach und schlicht. Die Gründe für das Zurückhalten von Informationen sind immer schlecht.”

Hierfür ist es notwendig, dass Journalisten über ein breites Spektrum an Quellen verfügen und diese sorgfältig auswählen und überprüfen. Die journalistische Arbeit muss frei von Vorurteilen und Beeinflussungen sein und sich an den Grundsätzen der Ethik orientieren.

Die Bedeutung einer verantwortungsbewussten Berichterstattung in der heutigen Zeit.

Die Diskussion über die Rolle des Journalismus in unserer Gesellschaft ist wichtiger denn je. Es geht darum, wie Journalisten ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen und wie sie ihre Aufgabe erfüllen, uns mit relevanten und vertrauenswürdigen Informationen zu versorgen.

Es gibt immer wieder Fälle, in denen die Berichterstattung nicht objektiv und verantwortungsbewusst ist. Wenn Medienhäuser auf Reichweite und Sensationsgier setzen und die Faktenlage vernachlässigen, wird das Vertrauen der Leserinnen und Leser untergraben. Aber es geht auch um die Frage, ob der Journalismus in der Lage ist, mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen, wie beispielsweise der Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien.

Die Bedeutung von Wahrheit und Fakten im Journalismus

Eine Möglichkeit, den Journalismus zu verbessern, ist eine stärkere Konzentration auf die Wahrheit und eine breitere Berücksichtigung von Fakten. Journalisten müssen sorgfältig und verantwortungsbewusst recherchieren und sich auf die Grundsätze der Ethik besinnen. Auch die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachgebieten kann dazu beitragen, eine fundierte und objektive Berichterstattung zu gewährleisten. Um nochmals mit den Worten eines bekannten Literaten zu sprechen, George Orwell: “Journalismus ist das, was jemand anders nicht möchte, dass man es veröffentlicht. Alles andere ist Public Relations.”

Es ist wichtig, dass wir als Leserinnen und Leser kritisch sind und uns nicht nur auf eine einzige Quelle verlassen. Wir sollten uns bemühen, verschiedene Quellen zu nutzen und unsere Meinung auf der Basis von Fakten und nicht auf Vermutungen oder Gerüchten zu bilden.

Insgesamt sollten wir uns fragen, was wir von unseren Medien erwarten und welche Rolle der Journalismus in unserer Gesellschaft spielen soll. Eine unabhängige und verantwortungsvolle Berichterstattung ist notwendig, um die Demokratie zu stärken und die Gesellschaft zu informieren.

Ist die falsche Berichterstattung also nur ein Fauxpas? Ich denke nein. In einer Zeit, in der die Wahrheit immer mehr zur Verhandlungssache wird, ist es umso wichtiger, dass der Journalismus seiner Aufgabe nachkommt und uns mit fundierten und objektiven Berichten versorgt. Ich freue mich auf die Kommentare unserer Leser und Leserinnen.

Der offene Brief der Ensemble Mitglieder. Quelle: Daniel Seniuk, Schauspieler
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