Strullendorf. Zwischen Mittagessen und abendlicher Stallarbeit verbrachten am Samstag ein paar hundert Landfrauen ebenso informative wie unterhaltsame Stunden beim Landfrauentag des Bayerischen Bauernverbandes in der Karl-Wagner-Halle in Strullendorf. Die neue Landesbäuerin Christine Singer aus Garmisch-Partenkirchen stärkte ihren Zuhörerinnen mit einem Vortrag unter dem Thema “Mit uns leben die Dörfer” den Rücken: Es seien zu einem ganz erheblichen Teil die Frauen – engagierte, couragierte, aktive – , die im ländlichen Raum die Gesellschaft bereichern.
Die vormalige Landesbäuerin, Anneliese Göller aus Wingersdorf im Landkreis Bamberg, wurde bei der Veranstaltung zur “Ehrenkreisbäuerin” ernannt. Nach 25 erfolgreichen Jahren an der Spitze der Landfrauen-Bewegung sagte Anneliese Göller “in Demut und Dankbarkeit und mit Stolz auf das Erreichte” ihren Freundinnen und der zahlreich erschienenen Prominenz aus Politik und Gesellschaft “Auf Wiedersehen”. Der ganze Saal erhob sich und applaudierte der Bauersfrau, die es landesweit zu Rang und Namen gebracht hat. Die neue Kreisbäuerin Marion Link und ihre Stellvertreterin Sabine Kirchner würdigten die Verdienste der langjährigen Vorsitzenden mit einer schier endlosen Aufzählung von Funktionen und Initiativen, die Anneliese Göllers Handschrift tragen, vom “Frühstück auf dem Bauernhof” bis zu einem Entwicklungshilfe-Projekt für Bäuerinnen in Kenia.
Nicht nur dieses Projekt liegt auch der neuen Landesbäuerin Christine Singer am Herzen. Eine Bleibeperspektive schaffen, dazu beitragen, dass sich die ländliche Bevölkerung in dem afrikanischen Land so gut entwickelt, dass die jungen Menschen nicht vor der grassierenden Armut in die westliche Welt fliehen müssen, sieht sie als eine wichtige Aufgabe. Um sie weiter erfüllen zu können, hofft die Landesbäuerin auf Förderung durch das zuständige Bundesministerium.
Leben pulsiert auch hierzulande dort, wo noch Bauernhöfe in den Dörfern vorhanden sind, behauptete die Referentin. En Bauernhof sei nicht nur Arbeitsstätte, sondern Lebensraum mehrere Generationen. Dabei sei schon die Hofgestaltung eine Bereicherung fürs Dorf: Blumenschmuck, Erhalt und Pflege der Obst-, Gemüse-, Blumen- und Bauerngärten – oft ein Beitrag der Bauersfrau. Darüberhinaus: “Wir sind Teil der Gesellschaft – keine Exoten”, rief die Landesbäuerin ihren Zuhörerinnen zu und forderte sie auf, sich auch politisch zu exponieren: Es sei notwendig, sich für Kindergärten und Schulen, Jugendtreffs und wohnortnahe Pflege, Einkaufsmöglichkeiten und digitale Infrastruktur, die medizinische Versorgung und die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr einzusetzen. Und sogar die Kirchen benötigten die Mitwirkung der Frauen in diversen Gremien.
Landfrauen müssten sich heute als Netzwerkerinnen organisieren, Begegnungsmöglichkeiten schaffen und Fahrten organisieren, die den Blick für regionale Besonderheiten weiten. Bildungswerke, das Engagement in Pfarreien sowie für Kultur und Brauchtum, die Mitwirkung in Landfrauenchören und bei traditionellen Veranstaltungen – all dies stärke den Zusammenhalt auf dem Land. Es gehe um die “Weitergabe des Feuers, nicht ums Bewahren der Asche!”
Ausdrücklich machte die Rednerin Mut zu mehr Öffentlichkeitsarbeit, auch um der nachfolgenden Generation zu vermitteln, dass es die Leidenschaft der Bäuerinnen und Bauern ist, die Natur zu gestalten und zu bewahren, unser aller Lebensraum zu erhalten. Dabei bedürften die Bauern der Solidarität von Gesellschaft, Verbrauchern und Politik, denn: “Wir schaffen Sicherheit bei der Versorgung mit Lebensmitteln, wir erzeugen Energie und fördern den Klimaschutz und die Artenvielfalt durch die Erhaltung der Kulturlandschaft und der Biodiversität.” Nach 75 Jahren organisierter Landfrauenarbeit kam die Landesbäuerin zu dem Fazit: “Mit uns leben die Dörfer! Machen wir weiter so und halten zusammen!””
Die Bedeutung engagierter Landfrauen würdigten in kurzen Statements auch die Gäste aus der Politik: Bürgermeister Wolfgang Desel, stellvertretender Landrat Bruno Kellner, MdB Andreas Schwarz, Staatsministerin Melanie Huml und MdL Holger Dremel. Strullendorfs Bürgermeister Desel freut sich immer über Anregungen aus den bäuerlichen Ortsverbänden. Kellner sagte Unterstützung bei der Umsetzung des Klima-Anpassungskonzeptes, beim Gänsemanagement und im Umgang mit dem Dämme bauenden Biber zu. Schwarz erntete Beifall für seine Versicherung, dass die Bundesregierung nicht daran denke, Dieselverbilligung und andere Vergünstigungen der Landwirtschaft zu reduzieren. Huml lobte die auf Drängen der Landfrauen eingeführten Lektionen an Alltagskompetenz im Schulunterricht, damit die Kinder wieder erfahren, woher die Lebensmittel eigentlich kommen und unter welchen Anstrengungen sie erzeugt werden. Dremel sprach sich für das Bemühen um einen Interessenausgleich zwischen der Energie- und der Landwirtschaft aus, wenn es etwa um neue Flächen-Photovoltaikanlagen geht. Die Europa-Abgeordnete Monika Hohlmeier war zwar gern gesehener Gast der Veranstaltung, kam jedoch nicht zu Wort.
Der neue Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Konrad Schrottenloher bekam Gelegenheit, seine Behörde und ihre Dienstleistungen vorzustellen und dann amüsierten zwei Landfrauen mit ihren bauernschlauen Reisevorbereitungen das Publikum. Bei einer spontanen Sammlung für den Bäuerlichen Hilfsdienst wurden 1035 Euro gespendet. Derweil boten im Eingangsbereich einige Direktvermarkter aus dem Landkreis ihre Eigenprodukte an.
Am Schluss gab es dann noch was fürs Auge: eine Modenschau des Ertl-Shopping-Center. Hübsches, Praktisches, Modisches für den beruflichen Alltag und den Kirchgang, für den Familienausflug und die Disco-Nacht. Models vom Knirps bis zur Omi, die fesche Bäuerin und der stolze Bauer. Es gibt ja auch auf dem Land ein Leben außerhalb des Stalls und fern der Scholle. Der Landfrauenchor gab der gut dreistündigen Veranstaltung des musikalischen Rahmen und machte dabei für sich selbst Werbung um neue, junge Stimmen.
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Eine Antwort
Ein wunderbarer Nachmittag, vielen Dank an die Akteure und den Besuchern