Schnäppchenjagd bei der Fundsachenversteigerung

Fünf einzelne silberne Ohrringe für fünf Euro ersteigern und gleich wieder versilbern?

5.01.2023
Maximilian Lurtz vom Ordnungsamt der Stadt Bamberg als Auktionator bei der Fundsachen-Versteigerung.
von Werner Baier

Bamberg. Wenn sich der Parkplatz einer Schule an einem Ferientag füllt, stellt sich die Frage: Gibt’s da was umsonst? Knapp daneben: Wenn – wie am 4. Januar – das Foyer der Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule als Auktionshalle für Fundsachen genutzt wird, übt das eine gewisse Anziehungskraft aus. “Sind schon viele drin?”, will der Fahrer eines Sprinters wissen, der gerade aussteigt und sich nach dem Eingang zur Fundsachen-Versteigerung erkundigt.

“Wie man es nimmt,” ist die Antwort. Es sind bei weitem nicht so viele Menschen wie an einem Schultag Heranwachsende in der Pausenhalle, aber an die 100 Schnäppchenjäger sind wohl da. Und es herrscht über Stunden hinweg ein Kommen und Gehen. Im Sitzen verfolgen die Besucher gebannt einem mitunter belustigenden Programm, das Maximilian Lurtz vom Ordnungsamt der Stadt Bamberg als Auktionator darbietet. Alle paar Minuten greift jemand zu seinem Portemonnaie und holt ein paar Euros heraus. Es geht Schlag auf Schlag, die Helfer bei der Versteigerung flitzen mit der Ware hin und kommen mit dem Bargeld zurück.

Hinter den Kulissen wird eifrig ausgepackt und gebündelt: Kistenweise schleppte das Fundamt Fundsachen in die Graf-Stauffenberg-Schule zur Versteigerung,

Hinter einer Sichtblende bündeln Kräfte des Ordnungsamtes die in Kartons verpackten Güter: So manches gute Stück mag tränenreich aufgegeben worden sein: “So was kann jeder brauchen, das gibt doch niemand ab” , ergeht sich so mancher in Resignation. Das stimmt häufig, aber nicht immer: Es gibt – sieht man sich die Berge von gesammelten Fundsachen an – offenbar noch viele ehrliche Finder. Und manche verzichten dann sogar noch darauf, die Ware nach der Ablauffrist entgegenzunehmen.

Seit etwa drei Jahren konnte wegen all den Beschränkungen in der Corona-Pandemie keine Fundsachen-Versteigerung in Bamberg mehr durchgeführt werden. Umso mehr hat sich im Depot des Fundamtes angesammelt: Jeden Tag verlieren Menschen mehr oder weniger Wertvolles, lassen es gedankenverloren liegen und stehen. Oder sie entsorgen Gegenstände, auf dass sie jemand zum Fundamt bringe. Diesen Eindruck jedenfalls kann man haben, wenn man den Rollstuhl im XXL-Format sieht, der da auf einen neuen “Besitzer” wartet. Man sollte doch annehmen, dass ein solches Fortbewegungsmittel vermisst wird, wenn es plötzlich nicht mehr zur Verfügung steht und dass der Verlust dann dem Fundamt angezeigt wird. Wunderlich auch, dass Motorsägen nicht abgeholt werden oder ganze Einkauftaschen voll von Waren, die nicht verderben.

Und so hat sich wohl auch der Eigentümer eines fast neuwertigen Motorradhelmes nicht vorstellen können, dass sein Kopfschutz nicht etwa gestohlen, sondern im Fundamt abgegeben worden ist. Lange genug nicht abgeholt, dann landet das gute Teil in der Versteigerung: Zusammen mit ein paar Textilien wird der Helm für sieben Euro Bares rechtmäßiges Eigentum eines stolzen jungen Mannes.

Regenschirme in rauen Mengen, Buggys und Cityroller warten auf neue Besitzer.

Ein anderer, etwas fülliger Typ greift zu, als eine gut erhaltene “Motörhead”-Jacke XXL für fünf Euro aufgerufen wird. Niemand bietet mit, niemand sonst im Raum braucht einen Umhang im Zeltformat. So günstig kommt der schwergewichtige Mann wohl selten zu einem brauchbaren Schutz gegen Regen  und Kälte. Markenware, immerhin.

Cityroller gibt es immer wieder. Für zwei Euro lassen sie die Augen so manchen Kindes leuchten, das bei der Versteigerung ein ganz besonderes Ferienerlebnis hat.

Ein Bündel Fundsachen zum Pauschalpreis von fünf Euro aufgerufen, für sieben Euro abgegeben.

Um die Versteigerung zu beschleunigen, bündelt der Auktionator gerne mehrere Fundsachen zu Angebots-Paketen. Zum Beispiel zwei Regenschirme, ein Kinderschirm, ein Spazierstock, zwei Rollen Geschenkpapier und ein Queue von einem Kinder-Billard-Tisch: Geht zusammen für zwei Euro weg. Fünf einzelne silberne Ohrringe werden “Beute” einer verschmitzten, vielleicht professionellen Besucherin: Schmuck mit Prägung lässt sich notfalls beim Edelmetallhändler gegen Kohle eintauschen. Schneller kann frau ihr Geld kaum verdienen. Oder gilt es als schick, an jedem Ohr einen anderen Ring zu tragen?

Großeinkauf für die Großfamilie

Leider keine Chance, bei den hochkonzentrierten Kaufwilligen nachzufragen, was sie denn mit ihrer neuen Errungenschaft vorhaben? Verzehren, verbrauchen, auf dem Trödelmarkt verkaufen,  verschenken? Der mit dem Sprinter kam, sagte uns im Voraus: “Große Familie” und klopfte sich an die Stelle, wo die Brieftasche zu vermuten ist. Zum Großeinkauf in die Schule – das ist mal etwas Neues.

Zweiter Versteigerungstermin?

Nach Ansicht der Stadtverwaltung hat sich der neue Standort der Fundsachenversteigerung im Foyer der Blauen Schule gut bewährt. Dabei dürfte die gute Erreichbarkeit mit Stadtbussen sowie der in den Ferien freie Parkplatz spielen. Trotzdem konnten nicht alle Fundsachen an den Mann oder die Frau gebracht werden – zu viel davon hatte sich seit 2019 angesammelt. Nach einer Mitteilung von Sebastian Martin aus dem städtischen Presseamt “wird über einen etwaigen zusätzlichen Versteigerungstermin in der zweiten Jahreshälfte nachgedacht.” Die Öffentlichkeit werde gegebenenfalls rechtzeitig informiert. Wieviel aus der Versteigerung der Fundsachen erlöst werden konnte, stehe noch nicht fest, da die “abschließende Bilanzierung erst noch erfolgt”. Was geschieht mit dem Geld? Es fließt in den städtischen Haushalt, ist zu erfahren.

Da kommt was zusammen: Versteigerte Fundsachen stapeln sich neben den neuen Eigentümern. 

Fotos: 
Werner Baier
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