Bamberg. Wer in den letzten Tagen einen Bescheid des Landratsamtes bekommen hat, der einen gewissen “Hicks!” verrät oder gar ein bisschen “gaga” ist, sollte auf das Bearbeitungsdatum schauen. Ist das Dokument am 11. 11. 2022 gefertigt worden, sollten Sie als Empfänger – vor allem, wenn der Bescheid nicht zu Ihrem Vorteil ausgefallen ist – ein wenig Nachsicht üben und freundlich um Nachbesserung bitten.
Am 11. 11. nämlich gab es in der Narrhalle des Landratsamtes eine alkoholhaltige Mittagspause, während der ein paar närrische Untertanen des “schönen Chefs vom Kreis”, Johann Kalb I., die Verwaltungsbehörde zum Tollhaus machten. Nach kurzem, fotogenem Gezerre überließ der überwältigte Landrat den Schlüssel zu seinem Amt den Fosänochdärn aus Hirschaid und Memmelsdorf und floh in Richtung seines Dienstherrn Söder. Derweil sich sein Mitarbeiterstab noch ein paar Stunden über Bauanträge oder Haushaltspläne beugte, um nach zu geringen Abstandsflächen oder versteckten schwarzen Kassen zu forschen. Oder erst mal Kaffee zu kochen.
50 Jahre lang amtierten die Kreisverwalter ohne die Gefahr, in ihren sonnendurchfluteten, aber staubtrockenen Amtsstuben von entfesselten Kreisbewohnern behindert zu werden. Ungeniert konnte all die Zeit über auf die Einhaltung des Sonntagsverkaufsverbotes geachtet oder einzelnen Gemeinden die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuern dringend nahegelegt werden. Das ging so lange gut, bis sich der Elferrat aus Breitengüssbach, der Häschaadä Fasching, der Tanzrhythmus Hirschaid, der Carnevals-Club Memmelsdorf, die Tanzgarde des ASV Schammelsdorf und die “Ritter vom Hahn” aus Trunstadt entschlossen: “Jubiläum hi oder heä, des Landratsomt wärd heuer mol g’stürmt!”
So was passiert in vielen Gegenden Deutschlands alljährlich am 11. 11., 11 Uhr 11. Aber in Franken hebt man sich das für die Mittagspause auf und dann können auch jene Mitarbeiter*innen der im Übrigen durchaus ernstzunehmenden Behörde daran teilnehmen, die am Vormittag noch Asylbewerber beraten oder Fahrzeugkennzeichen stempeln mussten.
Das Landratsamt war indes vorgewarnt. Auf die spitzen und pfundigen Attacken der im Gänsemarsch unter dem Kommando des Memmelsdorfers Hans-Werner Müller okkupierenden Narren wartete eine Wagenladung markiger Faschingskrapfen und eine ganze Batterie “Staffelbacher Spitzelberg”-Prosecco. So also macht man aufmüpfige Petenten gefügig: mit süßen Kalorienbomben und gespritztem Alkohol. Die Abwehrmaßnahme übte den erwartbar dämpfenden Einfluss aus: Am Ende hakten sich die Burgherren und –frauen bei den bunt kostümierten Eroberer*innen unter.
Wer hätte das je gedacht? Schunkeln im Landratsamt, ein tänzelnder Gaudiwurm schwänzelt durchs Foyer, Gardemädchen werfen die Beine hoch und machen den Spagat, der Landrat wird mit einem Narrenorden verziert, abgeknutscht und bis zum Aschermittwoch von seinem Thron gekippt. “Rückt mal den Schlüssel raus,” forderte die Häschaadä Sitzungspräsidentin Gerlinde Stache. “Denn es wird Zeit, dass die närrische Partei/ euch allen bis zum Aschermittwoch gibt frei!” Die angerückten Fosänochtä hätten ja auch nichts zu verlieren, denn – so die vollmundige Stache: “Es ist ein Leichtes, den Landkreis zu regieren!”
Was zu beweisen wäre: Die Amtspersonen erhalten Narrenkappen und Federhüte, schicken die neuartige Landkreis-Prinzengarde als charmante Vorhut und ballern dann aus Konfettikanonen auf Spatzen und das Fußvolk zwischen Ebrach und Scheßlitz, Baunach und Pommersfelden. Und der Günter Schramm spielt überall: “Hans bleib doo, mä was ja ned wie’s Weedä wärd…” Der Traum von einer menschlichen Behörde wird wahr…
Soweit die launige Darstellung eines ungewöhnlichen Ereignisses aus dem Blickwinkel eines gänzlich belustigten Beobachters.
Sabrina Großmann aus dem Pressestab des Landratsamtes vermeldete eine Stunde nach dem närrischen Scharmützel gewissermaßen offiziell: “Am Freitag, 11.11.22, 12.12 Uhr, übernahmen die Närrinnen und Narren aus dem Landkreis die Regentschaft im Landratsamt Bamberg. Landrat Johann Kalb übergab beim Sturm des Verwaltungssitzes den Schlüssel kampflos an die Vertreter der Narren im Landkreis.
Prosecco, Krapfen und schunkeln in der Mittagspause: Kreisverwalter in guter Laune. Auch wenn wir vor großen Herausforderungen stehen: Humor und gute Laune sind wichtig für unsere Gesellschaft, hoffte der Landrat, dass das närrische Treiben nun wieder Fahrt aufnehmen kann.” Und dem ist nichts hinzuzufügen. Höchstens ein “Helau”!
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