spitz & pfundig

"Bamberger Zwiebeltreter" bringt online News - bisschen verrückt oder?

15.11.2022
von Werner Baier

“Bamberger Zwiebeltreter” – was für ein sperriger Name! Wer oder was sind Zwiebeltreter? Wozu unter diesem Titel ein Nachrichten- und Info-Portal für den Bamberger Raum? Antworten auf diese Fragen finden Sie, sehr verehrte Leserin und sehr geehrter Leser, im folgenden Protokoll eines (nur so ähnlich stattgefundenen) Werkstattgesprächs der beiden hierfür verantwortlichen Online-Zeitungsmacher, Werner Baier und Arno S. Schimmelpfennig, im O-Ton. Das heißt, Arno (geboren bei Frankfurt) wird in deutscher Sprache zitiert, Werner ist waschechter Bamberger, gehört aber auch den Pettstadter KULTschmieden an und redet deshalb schon mal, “wie er mooch”. Er lässt seinem heimatlichen Dialekt in diesem Beitrag fast (!) freien Lauf. Ganz am Ende gibt’s ein Glossar für die paar extremen Mundartsonderfälle…. (Lernwillige fangen mit dem letzten Absatz an und springen danach – beschwingt und versöhnt – hierher zurück).

Zwiebeln tun gut

Arno: Bamberger Zwiebeltreter – sagt mir jetzt gar nichts.

Werner: Des is ein in Franggen üblicher Spitznoma für die Bambärchä, vergleichboä mit “Nämbärchä Bederlesboum”. Beides bezieht sich auf den Gemüs-Anbau im außerordentlich fruchtborn Schwemmland des Regnitzdols. Und dann: Die Zwiebl is a unverzichtbors Gewürz – in der Soß zum Schäuferla, im Sälod, zum Bresssock mit Musik oder im Fischbrödla. Die Zwiebel butzt dä die Aang und die Nosn und dud im Mong und Darm besonders gut. Manchsmol is sie richtich exblosiv.

Arno: Aber wieso Zwiebeltreter?

Werner: Die Bambärchä Gärdner hom rausgfunna, dass mä die Zwieblschluddn beizeidn umdredn muss, damit des Grün ned zu viel Energie ziechd und womöglich Blüdn dreibd. Saft und Kraft solln doch in die Zwiefl schießn.

Arno: Aha, soso! Überredet, aber “Bamberg hoch zwei” zum Beispiel wäre doch auch ein schöner Titel.

Frust abbauen

Werner: Ja scho, obbä halt zum Verwechsln mit andern Hochgstelldn. Und wir wolln doch denna goä ned nei die Subbn spotzn. Die könna etz a weng kochn, obbä zum Überschwabbn wolln wir sie ned bringa. Ned, dass sie aus- oder goä dävolaafn. Oberfranggn braucht a starka Mediengrubbn. Obä manchsmol möchd mä iä an Oäschdridd geem. Und wenn des ned geht, wengstns midm Basketboll Fußboll spieln. Oder Zwiebelweitschießn veronstoltn. Irgendwie muss mä sein’ Frust doch obbaua könna!

Arno: Klar, wenn jemand auf dem hohen Ross sitzt, kommen wir wirklich nicht ran. Das brauchen wir gar nicht zu versuchen. Immerhin: Unseren Titel macht uns so schnell niemand aus der Branche streitig. Der ist ziemlich mutig. Fehlt ein Aufmacher mit einem Hingucker-Bild. Montieren wir einen Lichtstrahl aufs Weltkulturerbe oder lassen wir ein Donnerwetter mit Blitzen übers Regnitztal nieder?

Die Schöne von Seite 1

Werner: Des weä goä ned schlecht. Obä wir braung a Nackerda auf deä erschtn Seidn. Wie frühä “der Stern” oder die “Bild”, als die nuch erfolgreicher worn und Alice Schwarzer a graua Maus.

Arno: Eine Nackige ganz vorne? Mein Lieber, wir leben doch hier im frommen, züchtigen Bamberg. Und dann: Schon was von me too, gendern, Geschlechtergerechtigkeit, political correctness etc. gehört?

Werner: Fromm? Züchtich? Des woä amol. Alles is andersch, und zwoä ned erscht, seit ein Herr Botero aus Bolivien in Bambärch naggde Dadsachn ausgstellt hod. Und erscht die drallen Schönheiten, die sich die Bischöfe früher in ihren Gemächern on die Wänd hom moln lossn. Oder geh mol ins Bambados und schau dä die Damenbademode oo: alle Baggn frei! So schnell wärd doch kanner blind. Außerdem: Obbestelln konn uns niemand. Wer’s ned säng will, schaud hal ned hi.

Voäschloch: Wir bostieren uns weit wech von der Bodera-Blunzn aufm Holzmarkt. Die hod sich do higflaggd, als wolläd sie kurz vorm Duschn schnell nuch eine Mandarine essn. Dabei hom die Bambärchä Gärdnä so viel Zeuch, wos xund is und schlank machen däd. Wiä zeings: herzhafda Zwiebeln nadürlich, Reddich und Radiesla, verkohln könnd mä sie aa. Lauch und Sellerie zum Entwässern und – wassd scho – für “spad und früh”, Bambärchä Hornla, gebaggn und als Podaggn. Und mit am besonders schöna Gruß on meina Wunderburchä Artgenossn: a U und a Keesmonn Herrenbilz, ausm Landkreis a “36 Krasla” und von meim Hoflieferanten a Mainseidla. Alles nei zwai Schenzen und uns fodografieän lossn!

Gehört zum Weltkulturerbe

Arno: Hallo, wie passt das alles zusammen mit unserer modernen, neuen Webseite? Was sollen wir den Leuten sagen, wenn sie uns fragen?

Werner: Weltkulturerbe is Bambärch ned nur wecherm Domberg und oldn Rodhaus, sondern aa wechä seina Gärdnäkuldur middn in dä Stodt. Deä Zwiebeldredä kummt putzmundä doheä, a weng verspield, a runda Gschichd. Ja, o die dünna Baala müssn mä noch ärbern. Für stämmige Baa wär kräftiger Dünger nötig, Euronen maan i.  A bissla Phantasie ghört freilich aa dazu und die hommä doch.  Nuchmol: Zwiebeln dun gud, Zwiebeldredä aa. Wem auch immer. Und es muss doch ned alles bieäernsd sei.

Arno: Richtig, aber wenn Botero uns eine Rechnung dafür präsentiert, dass wir seine “Liegende Frau mit Frucht” als Werbe-Ikone auf unserer Titelseite vorführen, geht uns gleich die Luft aus.

Werner: Do is wos dron. Neuer Voäschloch: Wir nehma die Humsera in die Middn. Mit dera als Schutzbadronin wärn miä aus’m Schneider. Zumol wo sie aa nuch alla durschtichn Seeln bestes Bambärchä Leidungswossä spendierd. No also, die bassd doch zum Zwiebeldredä wie die Faust aufs Aach. Alsdann: Pack’n mers oo! (Und so kam es, dass sich Werner Baier und Arno S. Schimmelpfennig als Online-Zeitungsmacher auf dem Grünen Markt mit der Humsera fotografiern ließen, um sich ein bisschen schrullig, aber gut gelaunt ihren Leserinnen und Lesern vorzustellen).

Übersetzungshilfe
für die Zungenbrecher: Der Bamberger kennt keine “harten” Konsonanten. Beispiel: D/d ist oft gleich T/t oder g/gg gleich k. Aber es geht auch anders, zum Beispiel wenn der Bamberger sein Auto in die “Karasch” fährt oder eine Bratwurst mit “Senft” bestreicht, Senft mit extra “hartem” t. Steht ein Vokal allein, denken Sie sich einfach einen Konsonanten dazu (kleiner Rätselspaß). Ein ä am Wortende ersetzt häufig „r“ oder „er“.

Bitte sehr: Nürnberger Petersilienbuben; herausgefunden; Zwiebelschlotten (das Grüne); in die Suppe spucken; davonlaufen; manchsmal möchte man jemand in den Hintern treten; eine Nackige auf der Titelseite; Vorschlag; hingelegt, als wollte sie..; wir zeigen es ihnen; dünne Beinchen; bierernst. Wer nicht der Bamberger Mundart mächtig ist, den obigen Text aber trotzdem komplett verstehen möchte, dem raten wir: Setzen Sie sich mit dem Text auf dem Handydisplay an einem Biertisch, auf einer Parkbank oder an der Bar zu einem sympathischen Bamberger oder einer beherzten Bambergerin und: Haben Sie viel Spaß beim Dolmetschen und “kapito”!  Wir mögen unsere Preußen, wir haben ja auch keine Seppelhosen an oder Gamsbarthüte auf! Franken sind weltoffen, behaupten wir keck – und Bamberger haben mindestens den zweitschönsten Dialekt. Servus!

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