Bamberg-Land. Da der Wohnungsmarkt praktisch erschöpft ist, günstige Mietobjekte für die ins Land strömenden Flüchtlinge und Asylbewerber wirklich kaum noch zu finden sind, werden im Landkreis Container-Dörfer für die Neuankömmlinge erstellt. Das erste hat im Burgebracher Gewerbegebiet nach Auskunft des Landratsamtes bereits vor zwei Wochen den Betrieb aufgenommen. Zum Schutz der Bewohner*innen rundherum mannshoch eingezäunt, bietet es bis zu 60 Plätze. An der Fertigstellung wird noch gearbeitet.
Die Zahl entspreche derzeit einem Zwanzigstel der insgesamt im Landkreis untergebrachten Asylsuchenden, teilte der Pressesprecher der Kreisverwaltung, Frank Förtsch, auf Anfrage mit. Für weitere Projekte in Breitengüßbach und Zapfendorf sei die Abstimmung mit den Gemeinden bereits erfolgt.
Derweil gibt Hirschaids Bürgermeister Klaus Homann seinen Marktgemeinderäten vorläufige Entwarnung. Eigentlich war beabsichtigt, in der Sitzung am Dienstagabend über ein solches Container-Dorf im Gewerbegebiet an der Industriestraße zu befinden. Wie Homann der Redaktion des “Bamberger Zwiebeltreters” mitteilte, sei jedoch einer von zwei an dem Projekt beteiligten Grundstücksbesitzern von seiner Offerte zurückgetreten. Somit sei das Vorhaben (Stand Donnerstag) gescheitert; Homann setzt den Beratungspunkt von der Tagesordnung ab. Es ist ihm jedoch klar, dass der Landkreis weiterhin in Hirschaid nach einem Standort suchen wird.
Derweil wartet Memmelsdorfs Bürgermeister Gerd Schneider auf die Antwort von Ministerpräsident Markus Söder auf seinen Brief vom vorigen Wochenende. Schneider hat namens seiner Gemeinde die Errichtung eines Container-Dorfes oder die Verwendung einer Turnhalle zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern abgelehnt. Siehe…..
Landkreis-Sprecher Förtsch verweist darauf, dass der Kreis Bamberg aktuell rund 1200 Asylsuchende in 43 Gemeinschaftsunterkünften untergebracht hat. Der Aufwand, im Bestand Wohnraum zu finden oder durch Umbau neu zu schaffen, werde wegen des knappen Angebotes immer größer. Aber auch das sei nach wie vor eine Option, die von Fall zu Fall immer wieder neu geprüft werde. Alternativ werde seit Oktober auch die Unterbringung in Wohncontainer-Anlagen verfolgt. Förtsch: “Viele Gemeinden stellen sich solidarisch untereinander und mit uns dieser großen Herausforderung.” Da die Belastungsgrenze erreicht sei, müsse die Kreisverwaltung – ob Bestandsgebäude oder freies Grundstück – in Abstimmung mit der jeweiligen Gemeinde jede angebotene Möglichkeit prüfen, Flüchtende unterzubringen.
Dabei bat Förtsch um Verständnis, “dass wir nicht zu jedem Projekt in einer Vorprüfung öffentlich einen ‘Wasserstand’ melden können, weil vorher viele Fragen vom Brandschutz über die Erschließung bis hin zur Baugenehmigung geklärt werden müssen. Nur ein Bruchteil der angebotenen Flächen oder Gebäude/Wohnungen kann für den Zweck der Unterbringung von Asylsuchenden auch realisiert werden.” Man kann aus dieser Formulierung schließen, dass dem Landratsamt doch eine ganz Anzahl von Immobilien-Angeboten vorliegt.
Welche Erfahrungen hat die Behörde an den bisherigen Standorten gesammelt? Antwort des Pressesprechers: “Uns sind aktuell keine Beschwerden in den bis dato 43 Gemeinschaftsunterkünften bekannt.”
Nach wie vor offen scheint die Frage, wie die Flüchtlinge in die Strukturen der Dorfgemeinschaften eingebunden werden sollen. Dazu hat Landrat Kalb anlässlich des “Flüchtlingsgipfels” in Berlin unlängst folgenden Appell an die Bundespolitik gerichtet: „Die Belastungsgrenze ist erreicht. Dabei geht es nicht nur um fehlenden Wohnraum. Wir haben keine freien Plätze in Kindertagesstätten. Unsere Schulen sind überlastet. Unser Ehrenamt stößt mit integrativen Angeboten an Grenzen.“ Kalb mahnt eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems an.
Für die Gemeinschaftsunterkünfte (Bestandsgebäude oder Wohncontainer) übernehmen die Betreiber einen Teil der Betreuungsaufgaben. Bei den Wohncontainern stelle der Betreiber einen Vollzeit-Hausmeister. Außerdem sei die Betreuung durch Mitarbeitende des Sozialwesens vorgesehen. In vielen Unterkünften gebe es auch ehrenamtliche Betreuung durch Menschen vor Ort, zählt das Landratsamt auf. Das ist dem Memmelsdorfer Bürgermeister Schneider zu blauäugig: Der Hausmeister kümmere sich um defekte Deckenbeleuchtung oder dergleichen und bestimmt nicht um die Probleme der Bewohner; die Sozialarbeiter kämen allenfalls für ein paar Sprechstunden vorbei und die Ehrenamtlichen ließen mehr oder weniger schnell mit ihrem Eifer nach. Schneider warnt davor, die Gemeinden mit der Betreuungsaufgabe zu überfordern und fürchtet, dass ihnen über kurz oder lang zum Beispiel die Versorgung von obdachlos gewordenen Flüchtlingen und Asylbewerbern zufällt. “Alle Asylsuchenden, die uns von der Regierung von Oberfranken zugewiesen werden, bleiben in unseren Einrichtungen oder in Einrichtungen der Regierung von Oberfranken,” stellt das Landratsamt dem gegenüber klar. Allerdings hat der Landrat unlängst eingeräumt, dass „die gesellschaftliche Akzeptanz, Flüchtlingen zu helfen, schwindet“.
Landrat Kalb: „Es besteht die Gefahr, dass dieser Umstand von radikalen Gruppierungen zur Unterwanderung unserer freiheitlich-demokratischen Werteordnung missbraucht wird.” Das gelte es zu verhindern! Ob dieser Ruf München, Berlin und Brüssel schon erreicht hat, sei dahingestellt.
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