Wirtschaftsministerium räumt Engpässe “in nahezu allen Bereichen” ein

Bei den Erneuerbaren Energien ist noch viel zu glätten

13.03.2023
Sind die Solar-Module auf dem Dach montiert, geht es mit der Nutzung der Sonnenenergie nicht gleich los: Da warten noch so manche Überraschungen, zum Beispiel das Fehlen eines Zweirichtungszählers.
Foto: pixabay
von Werner Baier

Bamberg. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber ein bisschen Hoffnung könnte keimen bei den Neu-Besitzern von privaten Photovoltaikanlagen: Das vom “Bamberger Zwiebeltreter” aufgegriffene Problem des unfreiwilligen und unergiebigen Wartens auf den Zweirichtungszähler wird im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgegriffen und beachtet. Diese Mitteilung haben wir vom “Team Bürgerdialog” des von Robert Habeck geleiteten Ministeriums erhalten, dem wir das Problem und einen Vorschlag zur  Lösung geschildert haben. “Gerne nehmen wir Ihre Anregungen in die politische Diskussion auf. Sie dürfen sicher sein, dass Ihre Argumente nicht unbeachtet geblieben sind!, wurde uns aus Berlin geantwortet.

Mangel an Zählern

Wie berichtet, muss vor der Inbetriebnahme einer PV-Anlage ein neuer “intelligenter” Stromzähler gesetzt werden, damit Netzbetreiber und Stromlieferanten genau feststellen können, wie viel Energie der Anlagenbetreiber aus dem Netz gezogen bzw. ans Netz abgegeben hat. An diesen Zählern mangelt es jedoch – ja, auch hier gibt es mitunter Lieferschwierigkeiten aus China und am Montagepersonal. Das Problem besteht darin, dass so eine gar nicht billige Investition – fünfstellig wird die Rechnung für Kauf, Lieferung und Montage allemal – absolut niemand nützt, wenn sie nur auf “Standby” läuft. Da muss dann sogar die Batterie mithilfe von Netzstrom aufrecht erhalten werden.

Für alle Beteiligten unbefriedigend

In einem uns bekannten Fall wurden bei einem eineinhalbtägigen Probebetrieb Anfang Februar 47 kWh Strom von der Sonne getankt und zwölf kWh im Haus verbraucht. 35 kWh entwichen ins Netz, wobei sich der Stromzähler wie zu erwarten rückwärts drehte.  Damit können Stromlieferanten natürlich nicht leben, weil dieser “verschwundene” Strom ja tatsächlich vorher verbraucht worden ist. Zudem ist es für den Anlagenbetreiber unangenehm, weil er für den ins Netz gespeisten “Solar”-Strom keine Vergütung erhält. Da bekommt Habecks Satz “Es kommt auf jede Kilowattstunde an” eine besondere Bedeutung.

Was tun, wenn die Photovoltaikanlage betriebsbereit ist, aber der Zweirichtungszähler auf sich warten lässt? Die Antwort hat so ziemlich jeder Neubesitzer einer PV-Anlage in der Hand: Die vom Hersteller mitgelieferte App, die über die Stromerzeugung auf dem Dach und die Verwendung der Energie genau “Buch” führt. Würde man den Stromzähler-Stand bei der Fertigstellung der PV-Anlage vor dem Einschalten zum Beispiel mit einem Handyfoto dokumentieren, ließen sich die Leistungen leicht auch noch im Nachhinein berechnen, vielleicht mit ein paar zu vernachlässigenden Abweichungen durch etwaige Messungenauigkeiten.

Sehr profitieren würde dabei übrigens – gerade nach dem Inkrafttreten der Strompreisbremse – auch der Bund, indem er für die beim Anlagenbetreiber eingesparte Strommenge keine Aufzahlung auf dessen Stromkosten leisten müsste.

Ziel: Kapazitäten hochfahren

Dem Bundesministerium ist, wie uns mitgeteilt wurde, bewusst, dass es “aktuell in nahezu allen Bereichen zu Engpässen kommt, insbesondere auch bei den Netzbetreibern (Installation von Stromzählern, Netzausbau) und Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branchen (Installateure, Produktion von Anlagen und Komponenten).” Dies hänge mit einer Vielzahl von Faktoren zusammen, die unglücklicherweise gerade zusammenträfen: sehr hohe Nachfrage im Markt, fehlende Fachkräfte, unterbrochene Lieferketten, Verzögerungen der letzten Jahre …

Das Ministerium sei bereits in Gesprächen mit allen relevanten Akteuren, um Kapazitäten hochzufahren und auszubauen. Allerdings werde dies einige Zeit in Anspruch nehmen und eine hohe Kraftanstrengung abverlangen. Leider ist es jedoch nicht möglich, sämtliche Fehlentwicklungen und Verzögerungen der letzten Jahre kurzfristig zu korrigieren, bedauert man im Wirtschaftsministerium.

Aber: Die Erneuerbaren Energien stünden ab jetzt  im überragenden öffentlichen Interesse und würden damit im Zuge der Güterabwägung als vorrangig betrachtet. Man sehe einen Ansatzpunkt für zahlreiche weitere Verbesserungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, vor allem bei der Beschleunigung von Verfahren und dem Ausbau notwendiger Kapazitäten!

Einiges ist schon verbessert

Erste Verbesserungen seien bereits umgesetzt worden, wie die Erhöhung der Einspeisevergütung oder der Wegfall der Mehrwertsteuer und des Zwangs zur Anwesenheit des Netzbetreibers beim Anschluss von Anlagen bis 30KW, sowie der Drosselung zahlreicher EE-Anlagen.

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