Witzige Figuren

Schmied und der Fährmann leicht verfremdet

22.10.2022
Zwei Pettstadter “Typen”: Der Schmied und der Fährmann in zeitgenössischer Darstellung Foto: Werner Baier
von Werner Baier

Pettstadt Als in der Oktober-Sitzung des Gemeinderates die Motive zweier Markenzeichen vorgestellt wurden, entfuhr einem Besucher ein halblautes: “Der aa (eine) schaut aus wie Dschingis Khan”.

Zwei Figuren sind es, für die die 2000-Einwohner-Gemeinde im Tal der Rauhen Ebrach zumindest regional bekannt ist: der Fährmann und der Pettstadter Schmied. Letzterer war ein fränkisches Urgestein, das dem Sperrstunde gebietenden Dorfpolizisten ein trotziges “Des mach ich, wie ich mooch!” entgegenschleuderte. Und nicht nach Hause ging, sondern beim Bier sitzen blieb. Dieses geflügelte Wort ist im weiten Rund zumindest den Bio-Franken vertraut. Zugezogene hören und gebrauchen es vielleicht sogar, ohne den wahren Hintergrund zu kennen. Oder sie reagieren irritiert, wenn ihnen jemand empfiehlt: “Des konnst machen, wie der Bettstodter Schmied”! “Und wie wäre das bitte?” wird dann oft in Hochdeutsch gefragt. Antwort: “Wie’sd mogst.”

Sie parken auch, wie sie mööng

Sebastian Schubert, der Sprichwörtliche, starb 90-jährig am 3. Mai 1911, aber noch heute pflegen die Pettstadter sein Andenken. Und so mancher Ortsbewohner parkt zumindest getreu dem Schmied’schen Motto, zum Beispiel in Kurven oder Einmündungen. Ist auch ja auch kein Wunder, wenn die Polizeistreifen so konsequent weite Bogen um das verkehrsberuhigte Dorf mit der Endsilbe “stadt” und seinen schlagfertigen Bewohner machen.

35 Fährleute in 560 Jahren

Zum anderen sind da die geflissentlich dokumentierten 35 Fährleute, die zwischen Pettstadt und Strullendorf Wanderer, Bauern, Pilger, die Amlingstadter Pfarrherren, Müßiggänger, die fahrenden Land- und Viehhändler, Vieranten und Gaukler trockenen Fußes über die Regnitz setzten. Einst dienten dazu hölzerne Kähne, aber heutzutage ist die Traktor und Auto tragende Schiffsbrücke aus gediegenem Stahl. Es ist eine Gierseilfähre, die durch Schrägstellung zur Fließrichtung des Flusses ohne Maschine, allein von der Schubkraft der Regnitz angetrieben, zwischen den Ufern pendelt: ein wahrhaft umweltfreundliches Transportmittel, im Falle Pettstadts mit einer nun bald 560-jährigen Geschichte. Von Anbeginn an wurden die Fährleute namentlich erfasst. Die lange Liste liegt im Gemeindearchiv. Reinhold Schuhmann und Berthold Göller teilen sich in unseren Tagen in die Arbeit. Der jüngste Nachkomme des sprichwörtlichen Pettstadter Schmieds heißt Jan Schubert und er betreibt ein florierendes Installationsunternehmen.

Für ü 5 bis 50

Den ehrenwerten und hochverdienten, geschichtlich verbrieften Persönlichkeiten, dem Schmied und dem Fährmann, wurden entlang der Hauptstraße schon zwei steinerne Denkmale gesetzt. Und bald wird es sie auf T-Shirts, Krügen, Tassen oder beliebigen Aufklebern geben: Der Grafiker André Neumann aus Bamberg hat im Auftrag des Gemeinderats zwei Comic-taugliche Gestalten kreiert, die auf das Publikum ü 5 bis 50 zugeschnitten sind. Eine förmliche Altersgrenze für den Gebrauch der Abbilder gibt es natürlich nicht.

Hotzenplotz oder Popeye?

Der Schmied kommt als Wiedergänger von Räuber Hotzenplotz daher, mit Bagger-Armen, die an den aus Spinat Kräfte zehrenden Popeye erinnern. Und der Fährmann ist zweifelsfrei asiatisch angehaucht. Seine vom Gemeinderat belächelte Haube ist allerdings tatsächlich einer Skizze vom Fährmann Kilian Körner (1938/66) nachempfunden, die in der Pettstadter Ortschronik von Michael und Berthold Schaubert abgedruckt ist. Der Fährmann steht auf einem winzigen Schiffchen und hat ein mächtiges Paddel in der Hand; der Schmied wächst aus seinem Amboss, und sein riesiger Hammer haut zur Not den Lukas. Wennsd es mogst: kaaf’s!

Der Gemeinderat wünschte nur geringfügige Korrekturen an den Entwürfen und ließ sie von der Dorfjugend beurteilen. Deren freundlichem “Bassd scho!” folgen nun alsbald die längst überfälligen Devotionalien. Wenn alles gut geht, werden die ersten Exemplare beim Weihnachtsmarkt 2022 zu erwerben sein. Und dann werden die Pettstadter sagen: “Ich kaaf des, wos ich mooch!”

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